Impfen in Deutschland

HPV - Infektionen und assoziierte Erkrankungen

Erreger

Humane Papillomviren (HPV) sind unbehüllte Viren mit einem ringförmigen, doppelsträngigen DNA-Genom. Bisher konnten über 200 verschiedene HPV-Genotypen identifiziert werden. HPV werden in 5 Genera unterteilt: Alpha-, Beta-, Gamma-, Mu- und Nu-HPV, wobei nur HPV aus dem Genus Alpha neben der Haut (kutane Typen) auch die Schleimhaut (mukosale Typen) infizieren können. Auf Grundlage ihres onkogenen Potenzials werden HPV in sogenannte Hochrisiko- und Niedrigrisiko-Typen unterteilt. Bei persistierenden Infektionen mit Hochrisiko-HPV-Typen steigt das Risiko für eine zufällige Integration des Virusgenoms in das Erbgut infizierter Epithelzellen, was u.a. zu einer verstärkten Expression der Onkoproteine E6 und E7 führt. Durch die Überexpression der HPV-Onkoproteine kann es im Rahmen persistierender Infektionen mit Hochrisiko-HPV-Typen zu einer malignen Entartung infizierter Epithelzellen kommen, indem diese Proteine u. a. Tumorsuppressor-Proteine inaktivieren und wachstumsregulatorische intrazelluläre Signalwege beeinflussen. Wenn dieser Prozess fortschreitet, entstehen im betroffenen Epithelbereich Zellveränderungen (Dysplasien) und Läsionen, deren Folge die Ausbildung maligner Tumoren sein kann. Die Internationale Agentur für Krebsforschung (IARC) der Weltgesundheitsorganisation (WHO) stuft derzeit folgende 12 Hochrisiko-HPV-Typen als sicher karzinogen ein: 16, 18, 31, 33, 35, 39, 45, 51, 52, 56, 58 und 59. In HPV-bedingten Karzinomen lässt sich mehrheitlich DNA des Hochrisiko-HPV-Typs 16 nachweisen (siehe auch Abbildung 1).

Vorkommen

HPV treten weltweit sowohl bei Frauen als auch bei Männern auf. Es wird davon ausgegangen, dass HPV-Infektionen zu den häufigsten sexuell übertragbaren Infektionen gehören. Die meisten sexuell aktiven Menschen infizieren sich mindestens einmal im Leben, meist bald nach Aufnahme der sexuellen Aktivität. Dabei kann es zeitgleich zu einer Infektion mit mehreren HPV-Typen kommen. Bekannte Risikofaktoren für eine persistierende HPV-Infektion sind u. a. eine über die gesamte Lebensspanne hohe Anzahl von Sexualpartnerinnen oderSexualpartnern, praktizierter Oral- und Analverkehr sowie Immunsuppression bzw. Immundefizienz (einschließlich HIV).

Etwa 16% aller Krebserkrankungen weltweit sind infektionsbedingt; in den entwickelten Ländern liegt dieser Anteil bei ca. 7%, die Hälfte davon ist HPV-bedingt. Der häufigste HPV-induzierte Tumor ist das Zervixkarzinom (Gebärmutterhalskrebs), das weltweit den vierthäufigsten Tumor bei Frauen darstellt und zu nahezu 100% durch HPV verursacht wird. Weltweit erkranken nach Schätzungen jährlich etwa 570.000 Frauen neu am Zervixkarzinom und 311.000 versterben daran, mit erwarteter steigender Tendenz. Mehr als 80% dieser globalen Krankheitslast entfällt auf Entwicklungsländer, in denen HPV für fast 12% aller Tumore bei Frauen verantwortlich ist.

Infektionsweg

HPV wird hauptsächlich sexuell über direkten Haut- bzw. Schleimhautkontakt von Mensch zu Mensch übertragen. Die Viren dringen über Mikroverletzungen der Haut bzw. Schleimhaut ein und infizieren die Epithelzellen der Basalzellschicht. Hauptübertragungswege bei Infektionen im Anogenitalbereich sind Vaginal- und Analverkehr. Über orogenitale Sexualpraktiken ist eine Transmission in die Mundhöhle oder den Oropharynx möglich. Ebenfalls ist eine Übertragung durch sehr engen Körperkontakt (trotz Kondomnutzung beim Geschlechtsverkehr) möglich. In seltenen Fällen können HPV auch durch eine Schmierinfektion übertragen werden. Zudem ist selten eine Übertragung von der Mutter auf das Neugeborene während der Geburt möglich.

Klinische Symptomatik

Die meisten HPV-Infektionen verlaufen asymptomatisch. Treten Symptome auf, so unterscheiden sich diese für Infektionen mit Hochrisiko- und Niedrigrisiko-HPV-Typen.

Infektion mit Niedrigrisiko-HPV-Typen

Eine Infektion mit Niedrigrisiko-HPV-Typen (v. a. Typen 6 und 11) kann zu Genitalwarzen, sog. Condylomata acuminata, führen. Diese stellen die häufigste HPV-assoziierte Erkrankung im äußeren anogenitalen Bereich dar und werden von den Patienten meist als sehr störend wahrgenommen. Genitalwarzen bilden zunächst singuläre, dann beetartig angeordnete kleine Papeln im Genital- (Vagina, Vulva, Penis, Skrotum) und/oder Analbereich, die im weiteren Verlauf papillomatös weiterwachsen und initial mit Juckreiz einhergehen können. Durch eine Übertragung während der Geburt können beim Neugeborenen Larynxpapillome entstehen.

Infektion mit Hochrisiko-HPV-Typen

Die von persistierenden Infektionen mit Hochrisiko-HPV-Typen (v. a. HPV 16 und 18) ausgelösten Zellveränderungen gehen ohne Symptome vonstatten. Um diese symptomlosen Zellveränderungen am Gebärmutterhals frühzeitig erkennen und ggf. therapieren zu können, wurde in Deutschland das Zervixkarzinom-Screening als Früherkennungsprogramm etabliert. Für die anderen Tumorlokalisationen wie Vulva, Vagina, Penis und Anus existieren in Deutschland keine strukturierten Krebsfrüherkennungs-Programme. Für Oropharynxkarzinome sind keine Krebsvorstufen bekannt.

Inkubationszeit

Die geschätzte Dauer zwischen HPV-Infektion und Ausbildung von Genitalwarzen beträgt meist 2-3 Monate, kann aber innerhalb einer Zeitspanne von 2 Wochen bis 8 Monaten erfolgen. Der natürliche Verlauf einer HPV-Infektion am Gebärmutterhals ist in der Fachliteratur genau beschrieben. Die Dauer zwischen persistierender Infektion mit Hochrisiko-HPV-Typen und hochgradiger zervikaler Dysplasie wird auf 3-6 Jahre geschätzt, zwischen hochgradiger Dysplasie und einem invasiven Karzinom auf ca. 10 bis über 30 Jahre. Für Infektionen mit Hochrisiko-HPV-Typen an den meisten anderen Lokalisationen liegen bisher keine entsprechenden Daten zur Tumorentwicklung bei persistierenden HPV-Infektionen vor.

Therapie

Wie beschrieben, kann HPV verschiedene klinische Erscheinungsbilder verursachen, die unterschiedliche therapeutische Maßnahmen erfordern:

Warzen im Genitalbereich

Die Therapie der Genitalwarzen richtet sich nach der Anzahl der Läsionen bzw. der Größe und der Lokalisation des betroffenen Areals. Für die Selbsttherapie bei Erwachsenen steht die Möglichkeit einer äußeren Behandlung über mehrere Wochen mit Cremes, Salben oder Lösungen zur Verfügung. Alternativ können Genitalwarzen auch ablativ mittels Elektrokauterisation, Kürettage, Lasertherapie oder schichtweiser Abtragung operativ behandelt werden. Eine Behandlung kann auch vom Arzt durch wiederholte Anwendung von Trichloressigsäure bzw. durch Kryotherapie durchgeführt werden.

Krebsvorstufen

Im Falle von Gebärmutterhalskrebsvorstufen (zervikalen Präkanzerosen) können diese durch das zytologische Screening im Rahmen der Krebsfrüherkennung, ggf. ergänzt durch HPV-Tests, mit großer Zuverlässigkeit erkannt und in Abhängigkeit vom Schweregrad der Zellveränderung durch eine Konisation therapiert werden. Davon sind in Deutschland jährlich ca. 56.000 Frauen betroffen, mit einem Häufigkeitsgipfel im Alter von 30 bis 34 Jahren. Der Eingriff ist ebenso wie unbehandelte Krebsvorstufen mit Schwangerschaftskomplikationen assoziiert, insbesondere mit einem lebenslang erhöhten Risiko für eine Frühgeburt.

HPV-assoziierte Krebsformen

Die Therapie von HPV-bedingten Karzinomen hängt von der Tumorlokalisation und dem Schweregrad ab und kann eine chirurgische, Strahlen- und/oder Chemotherapie beinhalten. Details zur Therapie von HPV-bedingten Erkrankungen sind in den Leitlinien entsprechender Fachgesellschaften aufgeführt, z. B. in der S3-Leitlinie „Diagnostik, Therapie und Nachsorge der Patientin mit Zervixkarzinom“ (AWMF-Nr. 032/033OL) oder in der S2k Leitlinie „HPV-assoziierte Läsionen der äußeren Genitalregion und des Anus – Genitalwarzen und Krebsvorstufen der Vulva, des Penis und der peri- und intraanalen Haut (AWMF-Nr. 082-008).

Präventionsmaßnahmen

Die effektivste Maßnahme gegen HPV-Infektionen ist die prophylaktische Impfung. HPV-Impfstoffe schützen HPV-naive Personen zu fast 100% vor einer Infektion mit den HPV-Typen, deren Antigene in den Impfstoffen enthalten sind (Weitere Informationen zu verfügbaren Impfstoffen unter folgendem Link: Impfung gegen humane Papillomviren). Die Verwendung von Kondomen kann eine HPV-Infektion nicht sicher verhindern, da HP-Viren auch durch direkten Kontakt mit infizierten Hautpartien übertragen werden können.

Zusätzlich zur Impfung ist allen Frauen die Teilnahme am regelmäßigen Gebärmutterhalskrebs-Screening empfohlen. Das Screening ermöglicht das frühzeitige Erkennen von Zellveränderungen bzw. Krebsvorstufen, die durch die wenigen restlichen, nicht von den Impfstoffen abgedeckten HPV-Typen verursacht werden. Das gesetzliche Krebsfrüherkennungsprogramm sieht für Frauen ab 20 Jahren einmal jährlich eine gynäkologische Untersuchung vor, bei der eine Inspektion und Tastuntersuchung des weiblichen Genitals erfolgt, ab 30 Jahren auch die Untersuchung der Brust. Zusätzlich erfolgt die zytologische Untersuchung des Gebärmutterhalses mittels des sogenannten Pap-Abstrichs., Ab dem Alter von 35 Jahren wird seit 2020 alle drei Jahre eine Kombinationsuntersuchung bestehend aus einem HPV-Test und einer zytologischen Untersuchung angeboten. Seit Einführung des Pap-Tests Anfang der 1970er sind sowohl die Inzidenz von als auch die Sterblichkeit an Gebärmutterhalskrebs in Deutschland auf etwa ein Viertel des Ausgangswertes gefallen (Zentrum für Krebsregisterdaten: Krebs in Deutschland für 2019/2020 und Bericht zum Krebsgeschehen in Deutschland 2016).

Quellen

RKI Ratgeber Humane Papillomviren www.rki.de/DE/Content/Infekt/EpidBull/Merkblaetter/Ratgeber_HPV.html

Lei J, Ploner A, Elfstrom KM, Wang J, Roth A, Fang F, et al. HPV Vaccination and the Risk of Invasive Cervical Cancer. N Engl J Med. 2020;383(14):1340-8.

Falcaro M, Castanon A, Ndlela B, Checchi M, Soldan K, Lopez-Bernal J, et al. The effects of the national HPV vaccination programme in England, UK, on cervical cancer and grade 3 cervical intraepithelial neoplasia incidence: a register-based observational study. Lancet. 2021;398(10316):2084-92.

Letzte Aktualisierung: 16.05.2024

© Nationale Lenkungsgruppe Impfen