Impfen in Deutschland

Beispiele bestehender Aktionen, um die Impfqualifikation und -kommunikation der impfenden Akteure zu verbessern

Im Folgenden werden zur Orientierung bereits bestehende Ansätze zur Verbesserung der Ausbildung und kontinuierliche Fort- und Weiterbildungsmöglichkeiten für Impfakteure aus impffachlicher sowie kommunikativer Sicht beispielhaft aufgeführt. Die Aufzählung ist nicht abschließend, sondern soll als Überblick dienen.

Förderung des Themas Impfen in der Aus- und Weiterbildung

Medizinstudium

In Deutschland ist jeder Arzt zur Durchführung von Schutzimpfungen berechtigt. Zudem dürfen seit 2020 Fachärzte unabhängig von den Grenzen der Ausübung ihrer fachärztlichen Tätigkeit impfen (§ 20 Abs. 4 IfSG). Vor diesem Hintergrund haben Umfang und Qualität der universitären Ausbildung zum Thema Impfen eine große Bedeutung.

Im Zuge der Umsetzung des Nationalen Impfplans setzt sich die NaLI dafür ein, die Qualität der Impfausbildung von zukünftigen Ärztinnen und Ärzten zu verbessern. Dazu hatte die NaLI den Medizinischen Fakultätentag (MFT) und das Institut für medizinische und pharmazeutische Prüfungsfragen (IMPP) darum gebeten, das Thema Impfen im Medizinstudium stärker zu verankern und bei den Examina intensiver zu berücksichtigen. In der Folge wurde die NaLI-Geschäftsstelle in den Überarbeitungsprozess des sogenannten Nationalen kompetenzbasierten Lernzielkatalogs Medizin (NKLM) eingebunden, der im Rahmen des „Masterplan Medizinstudium 2020“ weiterentwickelt werden sollte. Im NKLM werden Kompetenzen (Wissen, Fertigkeiten und Haltungen) definiert, die sich am Berufsbild der Ärztin oder des Arztes orientieren und mit Abschluss des Medizinstudiums vorliegen sollten (https://medizinische-fakultaeten.de/themen/studium/nklm-nklz). Bislang hat der NKLM reinen Empfehlungscharakter für die Fakultäten. Der überarbeitete Katalog NKLM 2.0 soll zukünftig jedoch verbindlicher Bestandteil der ärztlichen Approbationsordnung (ÄApprO) werden (Wissenschaftsrat, 2018).

Die Weiterentwicklung des NKLM wurde durch den MFT organisiert und federführend durchgeführt. Ein wichtiger, von der NaLI eingebrachter und besonders angestrebter Erfolg war die Aufnahme eines verpflichtenden Lernziels zur fachgerechten Durchführung von Impfungen (praktisches Erlernen) während des Medizinstudiums. Ein spezifischer Themen- bzw. Fachkatalog für die NaLI vernetzt als verlinkter, optionaler Zusatzkatalog im NKLM 2.0 alle interdisziplinären Bereiche sowie bereits bestehende und neu angelegte Lernziele zum Impfen miteinander.

Der Zusatzkatalog gliedert sich nach folgenden sechs Kompetenzen:

  1. Impfberatung und Impfempfehlungen
  2. Praktische Durchführung von Schutzimpfungen
  3. Impfpräventable Erkrankungen und Gesundheitsstörungen
  4. Rechtliche Vorgaben und Gesundheitspolitische Ziele
  5. Wichtige Institutionen und Akteure im Bereich des Impfwesens
  6. Rolle des Impfens für Prävention und Gesundheitsförderung

Der weiterentwickelte NKLM 2.0 wurde im April 2021 veröffentlicht und ist unter https://nklm.de online verfügbar. Bis zum Inkrafttreten der reformierten ÄApprO ist der NKLM2.0 jedoch noch kein verbindlicher Bestandteil des Medizinstudiums. Das Inkrafttreten der neuen ÄApprO ist derzeit für den 1. Oktober 2027 geplant (Deutscher Bundestag Drucksache 20/10321, 2024).

Weiterbildungsangebote für nicht-ärztliches Fachpersonal

Viele Tätigkeiten, die im Rahmen der Erbringung der Impfleistungen anfallen, kann die Ärztin oder der Arzt an qualifizierte nicht-ärztliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter delegieren, wie z. B. an medizinische Fachangestellte (MFA). In Impfthemen weitergebildete Fachkräfte können dabei die Ärztin oder den Arzt nicht nur organisatorisch und strukturell entlasten, sondern bereits Fragen von Patientinnen und Patienten beantworten und auf mögliche Unsicherheiten eingehen, um einen positiven Einfluss auf die Impfentscheidung zu nehmen.

Im Auftrag der Ärztekammern entwickelt die Bundesärztekammer (BÄK) Musterfortbildungscurricula für MFAs zu verschiedensten Themenbereichen. Dazu gehören auch solche mit Impfbezug (Übersicht über die Musterfortbildungscurricula der BÄK). Impfspezifische Qualifikationen werden auf Basis dieser Musterfortbildungscurricula u. a. durch Landesärztekammern und ihre Fortbildungsakademien angeboten. Zudem gibt es auch Fortbildungsangebote durch weitere Dienstleister.

Im Folgenden sind Beispiele zur Weiterbildung mit Impfbezug für nicht-ärztliches Personal aufgeführt: 

  • Weiterbildung zur „Fachkraft für Impfmanagement“:
    Das Musterfortbildungscurriculum „Fachkraft für Impfmanagement“ der BÄK wurde mit dem Ziel erstellt, im Rahmen einer Fortbildung MFAs nötige Qualifikationen zur Unterstützung der Ärzteschaft beim Impfen zu vermitteln. Der Umfang des Musterfortbildungscurriculums beträgt 40 Unterrichtseinheiten (UE) à 45 min, die sowohl fachtheoretischen und fachpraktischen Unterricht sowie praktische Übungen umfassen  (Musterfortbildungscurriculum für MFAs "Fachkraft für Impfmanagement", Stand: 1. Auflage 2022).
  • Weiterbildung „Prävention im Kindes- und Jugendalter“:
    Das Musterfortbildungscurriculum „PÄDIATRIE – Prävention im Kindes- und Jugendalter/Sozialpädiatrie“ der BÄK beinhaltet im Modul Prävention ebenfalls Unterricht mit Impfbezug im Rahmen von Einheiten zur primären Prävention in Kindheit und Jugend. Dabei werden Handlungskompetenzen zur Unterstützung des ärztlichen Fachpersonals bei Planung, Vorbereitung, Durchführung und Nachbereitung insbesondere von Früherkennungsuntersuchungen, Impfberatung und weiteren Präventionsmaßnahmen vermittelt. Das modulare Curriculum umfasst insgesamt 130 UE. Dabei ist das Basismodul (30 UE) Voraussetzung für die Module Prävention (54 UE) und Sozialpädiatrie (46 UE), welche auch einzeln oder aufeinanderfolgend absolviert werden können. Im Basismodul werden u. a. Kommunikation und Gesprächsführung geschult (Musterfortbildungscurriculum für MFAs "PÄDIATRIE - Prävention im Kindes- und Jugendalter/Sozialpädiatrie", Stand: 1. Auflage 2019).
  • Fortbildung „Impfassistenz“:
    Neben den zuvor beschriebenen, zertifizierten Weiterbildungen gemäß den Musterfortbildungscurricula der BÄK, gibt es auch Fortbildungen, die durch andere Organisationen entwickelt wurden. Dazu gehören Fortbildungen zur „Impfassistentin“ bzw. zum „Impfassistenten“ von Fachgesellschaften oder Bildungswerken. Diese basieren auf keinem einheitlichen Curriculum und können sich je nach Anbieter inhaltlich und vom Umfang deutlich voneinander unterscheiden.

Die Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen nach den Musterfortbildungscurricula der BÄK (siehe oben) werden in einzelnen Bundesländern angeboten. Die Deutsche Akademie für Prävention und Gesundheitsförderung im Kindes- und Jugendalter e.V. (DAGP) bietet die Module zum Fortbildungscurriculum Pädiatrie in verschiedenen Städten Deutschlands oder zum Teil online an (www.dapg.info). Die Fortbildungscurricula können zwischen den einzelnen Landesärztekammern variieren.

Fortbildungsveranstaltungen zur Impfqualifikation

Fortbildungsveranstaltungen für Ärzteschaft und med. Fachpersonal mit unterschiedlichen Schwerpunkten werden durch eine Vielzahl von Anbietern oder im Rahmen verschiedener Veranstaltungen angeboten. Dabei können je nach Umfang auch CME-Punkte oder Zertifikate über Zusatzqualifikationen erworben werden.

Nachfolgend werden einige Beispiele für Fortbildungsveranstaltungen in Bezug auf das Impfwissen aufgeführt:

Fortbildungsveranstaltungen zur Ärztekammer und Kassenärztliche Vereinigungen

Bundesärztekammer und Länderärztekammern sowie einige Kassenärztliche Vereinigungen (KVen) bieten Fortbildungsveranstaltungen zu Impfthemen in unterschiedlichem Umfang (z. T. in Kooperation mit externen Partnern) und in verschiedenen Formaten an (z. B. Präsenzveranstaltungen, Online-Webinare, E-Learning-Module).

Impftage

Deutschlandweit finden regelmäßig sog. „Impftage“ statt mit wechselnden aktuellen Themen bzw. Schwerpunkt-Themen, wie z. B. Impftag der Ärztekammer Mecklenburg-Vorpommern, Münchner Impftag, Frankfurter Impftag u.v.m. (https://medizinische-fortbildungen.info/Fortbildung/Impfmedizin/index.php). Die Impftage sind meist durch die Kongressagentur RG organisiert, welche sich bundesweit u. a. auf CME-zertifizierte Ärztefortbildungen spezialisiert hat (https://medizinische-fortbildungen.info).

Nationale Impfkonferenzen

In der Regel alle zwei Jahre findet die CME-zertifizierte Nationale Impfkonferenz statt, ausgerichtet vom jeweiligen NaLI-Vorsitzland (oft in Kooperation mit einem weiteren Bundesland). Die Nationalen Impfkonferenzen bieten ein breites Spektrum an aktuellen Impfthemen und ermöglichen einen breiten Austausch zu aktuellen Problemen und nachahmenswerten (regionalen) Initiativen. Seit 2022 wird als Teil des Programmes eine zusätzliche, auch separat buchbare Fortbildungsveranstaltung zu den aktuellen STIKO-Empfehlungen für praktizierende Impfakteure angeboten.

Unter der Dachseite https://nationale-impfkonferenz.de finden sich aktuelle Informationen zur jeweils kommenden Nationalen Impfkonferenz. Die NaLI-Website bietet eine Übersicht aller Nationalen Impfkonferenzen mit Informationen zum Ausrichter, Veranstaltungsort und Motto.

Die HPV-Impfung bildete einen Schwerpunkt der 8. Nationalen Impfkonferenz, die im Juni 2024 in Rostock-Warnemünde stattfand. Am ersten Tag der Konferenz wurde das vorliegende gemeinsame HPV-Konzept der NaLI vorgestellt.

Symposien und weitere Veranstaltungen mit Fortbildungscharakter

z. B. Symposium der Bayer. Landesarbeitsgemeinschaft Impfen (LAGI) in Kooperation mit der Gesellschaft für Hygiene, Umweltmedizin und Präventivmedizin (GHUP), Online-Symposium des Deutschen Ärzteverlages u. a.

Fortbildung der Akademie für Öffentliches Gesundheitswesen (AÖGW)

Im Rahmen der COVID-19-Pandemie wurde zunächst die Online-Seminarreihe „Impfen zum Schutz vor COVID-19“ für Mitarbeiter des ÖGD durch die AÖGW konzipiert. Die zehn zweitägigen Online-Fortbildungsveranstaltungen dienten zwischen Oktober 2020 und Februar 2021 zur Vorbereitung des ÖGD auf den Beginn der COVID-19-Impfungen in Deutschland.

Im Anschluss wurde die Seminarreihe in eine E-Learning-Plattform überführt. Dieses vom BMG finanzierte, zertifizierte COVID-19-Fortbildungsangebot richtete sich insbesondere an Ärztinnen und Ärzte, aber auch generell an medizinisches Personal und alle Interessierten.

Schulungen der Ärztlichen Gesellschaft für Gesundheitsförderung e.V.

In Form von Tagesseminaren werden seit 10 Jahren Fortbildungen für MFAs sowie für Gynäkologinnen und Gynäkologen im Rahmen der „Initiative Mädchensprechstunde“ angeboten. Aktuell ist HPV und die HPV-Impfung explizit Thema der Fortbildungsreihen beider Zielgruppen.

Förderung der individuellen Impfkommunikation

Gesundheitspersonal wird für die Impfentscheidung häufig zu Rate gezogen und wird in der Regel als vertrauenswürdigste Stelle angesehen. Dennoch führt nicht jeder Arztkotakt automatisch zu einer empfohlenen Impfung. Ein relevanter Faktor bei der Impfentscheidung ist die Arzt-Patienten-Kommunikation. Bei der HPV-Impfung können dabei insbesondere Bedenken von unsicheren oder impfkritischen Eltern adressiert werden.

In den zuvor beschriebenen Aus- und Weiterbildungsangeboten sowie Fortbildungsmöglichkeiten werden zum Teil neben dem Impfwissen auch Kommunikationsaspekte angesprochen und geschult. Nachfolgend werden hier darüber hinaus Ansätze und Beispiele genannt, die vorrangig eine Verbesserung der individuellen Impfkommunikation zum Ziel haben oder Impfakteure dabei unterstützen können.

Innovative motivierende Impfkommunikation im Kontext von HPV

Gerade bei der HPV-Impfung ist die Kommunikation besonders herausfordernd, da häufig geringes Vorwissen besteht und die Aufklärung zu einer Infektion, die über sexuelle Kontakte übertragen wird, Scham behaftet sein kann. Im Zuge der RKI-Interventionsstudie InveSt HPV werden daher derzeit neue Ansatzpunkte für Maßnahmen zur Steigerung der HPV-Impfquoten in Deutschland evaluiert. Dazu gehören auch innovative Ansätze für ein Impfaufklärungsgespräch – wie das Motivational Interviewing (Gagneur A., 2020).

In der Impfaufklärung kann Motivational Interviewing verwendet werden, um Menschen dabei zu unterstützen, informierte Entscheidungen über Impfungen zu treffen. Durch einfühlsame Gespräche können Bedenken und Ängste ernst genommen werden, während gleichzeitig Fakten und wissenschaftliche Erkenntnisse vermittelt werden. Im Rahmen von InveSt HPV werden Schulungen zur vertrauensbildenden und motivierenden Gesprächsführung sowohl für ärztliches Personal als auch für MFAs und Krankenpflegekräfte pädiatrischer Praxen angeboten. Der Ansatz wird evidenzbasiert evaluiert, um ggf. daraus bundesweite Maßnahmen zur Steigerung der HPV-Impfquoten ableiten zu können.

Impfaufklärung bei Impfskepsis

Personen, die dem Impfen ohnehin kritisch gegenüberstehen oder noch unentschlossen sind, können durch Falschinformationen weiter verunsichert werden. Medizinisches Personal kann dann eine wichtige Rolle dabei spielen, mit verunsicherten Patientinnen und Patienten über Impfungen ins Gespräch zu kommen und ihre Fragen zu beantworten. Um Gesundheitspersonal dabei zu unterstützen, bietet das RKI verschiedene Materialien an, die bei der Impfaufklärung genutzt werden können:

  • Faktenblätter zum Impfen: Die verfügbaren Faktenblätter – auch zur HPV-Impfung – fassen kurz und knapp die wichtigsten Informationen zu einer Impfung zusammen. Sie können im Aufklärungsgespräch als wichtige Informationsquelle oder auch als Hand-out genutzt werden (Kurz & Knapp: RKI-Faktenblätter zum Impfen).
  • Faktensandwiches zum Aufklären von Falschinformationen: Bei den sogenannten Faktensandwiches des RKI wird zunächst der Fakt angeführt, dann die Falschinformation als solche benannt und anschließend erklärt, woher diese kommt und wieso es sich um eine Falschinformation handelt. Anschließend wird der Fakt wiederholt (nach Lewandowsky et al., 2020, The Debunking Handbook. Auf Deutsch hier verfügbar). Die Faktensandwiches können im Gespräch mit Patientinnen und Patienten genutzt werden, um häufig vorkommende Falschinformationen zu Impfungen aufzuklären.
  • Gesprächskarten zum Thema Impfen: Eine Hilfestellung zum Führen schwieriger Gespräche zum Thema Impfen bieten zudem die Gesprächskarten des RKI. Diese wurden von Forschenden des RKI und der Universitäten Erfurt und Bristol entwickelt, um mit einem respektvollen Gespräch gegenseitiges Verständnis aufzubringen, neue Perspektiven und Denkanstöße zu eröffnen sowie Vertrauen aufzubauen.
  • Englischsprachige Website mit Antwortbeispielen auf Impffragen (von der EU und Universität Bristol): www.jitsvax.com

Kompetenzerwerb im Umgang mit Impfgegnern in der Öffentlichkeit

Auf Grundlage des von der WHO 2017 entwickelten Leitfadens „How to respond to vocal vaccine deniers in public wurden Schulungen entwickelt, um Kompetenzen im Umgang mit Impfgegnern vor Publikum zu vermitteln. Zielgruppe der Schulungen sind Expertinnen und Experten aus dem Impfbereich, die regelmäßig mit impfkritischen Fragen in der Öffentlichkeit konfrontiert werden. Ein entsprechender Workshop der WHO „Botschaften von Impfgegnern entkräften“ fand im Dezember 2018 am RKI statt.

Letzte Aktualisierung: 03.06.2024

© Nationale Lenkungsgruppe Impfen